Herbst auf dem Land - vor ca.  70 Jahren

Herbst auf dem Land - vor ca. 70 Jahren

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December 2023

Wir sitzen ja an der Quelle uns Geschichten aus der bäuerlichen Welt aus dem vorigen Jahrhundert von „achtern Bierge“ erzählen zu lassen:

Unsere Oma erinnert sich aus ihrer Kindheit auf dem Gerdom‘schen Hof in Gehlenbeck daran, dass auch die Kinder bei der Ernte von Steckrüben und Runkeln helfen mussten. Diese großen Früchte wurden einzeln von Hand gezogen, mit Pferd und Wagen nach Hause transportiert und dann direkt vom Wagen aus über Bodenluken in den Keller gekippt. Nach der Ernte begann dann Im das allabendliche „Runkelnüberdrehen“. Diese wurden in einer großen Häckselmaschine per Handkurbel zu Futter für die Tiere verarbeitet.

Die Familie besaß einen eigenen Kartoffelroder, welcher die Kartoffeln zur Seite auf die Erde warf, sodass diese eingesammelt werden mussten. Nachbarn mit einem Kartoffelacker, dessen Bestellung und Ernte für reine Handarbeit zu groß war, wurde durch den Maschineneinsatz geholfen. Im Gegenzug halfen diese dann beim Aufsuchen der Knollen des Bauern. Das Gerät war einer alten mithelfenden Nachbarin jedoch recht unheimlich und deren Geknurre „Die Mordmaschine kommt allwieda.“ ist unserer Oma noch gut im Gedächtnis.  Kartoffeln wurden in einem eigenen Kellerabteil gelagert. Bevor diese an die Schweine verfüttert werden konnten, wurden diese erst gedämpft und dann gestampft.

Im Gemüsegarten wuchsen im Herbst noch Möhren, Porree und Kohl. Aus letzterem wurde für den Eigenbedarf mit hohem Kraftauswand Sauerkraut gestampft. Schwarzwurzeln traten nach dem Krieg erstmals auf. Ihre Verarbeitung ergab zu Beginn eine unerwartete Schweinerei, denn dass diese die Hände so unangenehm und nachhaltig verfärben, war noch nicht bekannt.- Aber sie ließen sich so wunderbar einkochen…

Natürlich gab es auch einen Obstgarten am Hof, in welchem im Herbst vor allem die Apfelbäume noch Früchte trugen. Vor allem Graurenetten standen hier. Wir selbst wissen diesen Baum erst richtig zu schätzen, seit wir Apfelsaft selbst machen, denn dafür ist das die allerbeste Sorte… - Auch unsere Oma mochte als Kind die anderen Äpfel deutlich lieber, vor allem den Jakob Lebel. Die Äpfel wurden im Keller auf Borde gelegt, da der Boden nur aus gestampftem Lehm bestand hielten diese sich sehr lange…

Beim Weizen säen benötigte man zwei Personen, eine hielt das Pferd und schaute darauf, dass Spur gehalten wurde, und eine zweite achtete darauf, dass die einzelnen Säschare nicht verstopften. Oft war es zu diesem Zeitpunkt schon recht kalt und die Hände wurden eisig. Die Bauernmädchen steckten dann ihre Hände zwischen die Schenkel des Pferdes, um diese wieder aufzuwärmen.

Im Herbst wurde auch das Holz gemacht, damit man im Winter genug einheizen konnte. Wärmende Kleidung waren vor allem selbst gemachte Strickpullis aus Schafwolle, auch Röcke wurden gestrickt und konnten so bei Bedarf immer weiter verlängert werden. Was gerade bei jungen Mädchen sehr praktisch war. - Die Ausstattung einer Familie war im Wesentlichen vom Geschick der Hausfrau abhängig und das konnte sich auf dem Hof sehen lassen. Dennoch erinnert sich unsere Oma aber mit großer Begeisterung an den ersten Trainingsanzug, welcher durch das leicht angeraute Material als wunderbar weich und warm in Erinnerung blieb. Im Herbst kam immer die Schneiderin für zwei Wochen auf den Hof und überarbeitete, flickte und ergänzte Garderobe und Haushaltswäsche.

Eine typische Herbstbeschäftigung, welche unsere Oma liebte, war das Löafklöskern am Sonntagnachmittag. Dann ging es im Wiehengebirge durch die Hohlwege, in welchen sich das Laub in dicken Schichten abgelagert hatte und so wunderbar raschelte.- Und das war erlaubt, obwohl morgens erst die frischen, kratzigen Strümpfe für die Woche angezogen worden waren.

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