Veränderungen in der Landwirtschaft der letzten fünfzig Jahre

Veränderungen in der Landwirtschaft der letzten fünfzig Jahre

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January 2024

Klimawandel und Globalisierung verlangen in allen Unternehmen ein Umdenken, die Landwirtschaft ist hiervon in besonderer Weise betroffen. Ich bin unsicher, wie gut die Kürbisse in den kalten Sommern unserer Kindheit gewachsen wären. Auch der Anbau von Süßkartoffeln wäre uns mit Sicherheit nicht in den Sinn gekommen. Gut, das Erdnussexperiment hat auch in diesem Jahr wegen der großen Regenmengen keinen erfolgreichen Abschluss gefunden, aber wir wären so etwas damals mit Sicherheit gar nicht angegangen… - Am auffälligsten wird der Klimawandel für uns in unserem alltäglichen Tun aber durch die bis vor einigen Jahren eher seltenen Standwetterlagen. Es wird zunehmend schwieriger Zeitfenster zu finden, welche die notwendigen Arbeitsschritte vom Wetter her zulassen.

Natürlich hat die Globalisierung auch die Landwirtschaft sehr stark beeinflusst. Sehr plastisch wurden die internationalen Verflechtungen für uns selbst, als im Rahmen Russlands Angriffs auf die Ukraine deren Weizenverkauf deutlich eingeschränkt wurde. Auch die ostwestfälischen Landwirte profitierten von der befürchteten Knappheit auf dem globalen Markt und konnten deutliche höhere Verkaufserlöse erzielen. Diese wurden durch immens gesteigerte Unkosten z.B. für Düngemittel leider nicht als Gewinn vermerkt. Die Auflösung der Blockade ukrainischer Häfen normalisierte die weltweiten Weizenpreise dann wieder etwas. Zurzeit lässt sich Weizen hier nur deutlich unter Vorkriegsniveau verkaufen. Zum einen wird vermutet, dass durch die Seeblockade ukrainischer Weizen verstärkt auf dem europäischen Landweg in unsere Region strömt, zum anderen sinkt hier die Nachfrage, da viele Schweineställe aufgrund der zunehmend schwieriger werdenden Auflagen leer stehen. Die Thematik lässt sich ausdehnen auf nahezu alle landwirtschaftlichen Erzeugnisse.

Schon seit etlichen Jahren ist der Bedarf an Hühnereiern in Deutschland nicht mehr durch eigene Produktion zu decken. Das führt dementsprechend zu erhöhten Einfuhren aus dem Ausland, oftmals aus Ländern, in denen die Auflagen eben nicht so hoch sind, wie hier. Sehr brutal wird die Fragwürdigkeit dieser Praxis am tragischen „Kükenschreddern“ deutlich. Hier mit Recht als grausame Methode verboten, verschlechtert die Bruderhenne die Klimabilanz deutlich. Zudem gibt es in Deutschland selbst kaum Interesse an den männlichen Küken, da diese als Legerasse viel zu schlecht Fleisch ansetzen, um wettbewerbsfähig zu sein. Dies führt dazu, dass diese in Teilen ins osteuropäische Ausland verkauft und dort unter fragwürdigen oder zumindest nicht kontrollierten Bedingungen auswachsen.

Damit keine Zweifel aufkommen: Tierwohl ist wichtig, Verbraucherschutz ist wichtig, Klimaschutz ist erst recht wichtig. Oftmals stellen wir uns mit einem neuen Gesetz aber an ganz anderer Stelle ein Bein, denn auch die anderen globalen Mitspieler wittern natürlich schnell ihre Chancen.

Preislich mithalten können da im Grunde nur große, industriell geführte Höfe, eine Wirtschaftsweise, die verständlicherweise auch in der Kritik steht. Nur so lassen sich aber preiswert Lebensmittel produzieren, die dennoch gewisse Standards einhalten. Möchten wir allerdings eine kleinräumige Landschaft, regionale Lebensmittel und unsere kleinen Höfe auf dem Land erhalten, muss es anders laufen. Ich würde es sehr begrüßen, wenn „Lebensmittel“ im Denken der Verbraucher wieder mehr Gewicht bekämen und der schnelle Konsum stärker in den Hintergrund träte. – Keine Frage, dass ich bei dieser Utopie davon ausgehe, dass durch adäquaten Mindestlohn und anderweitige Unterstützung allen genug finanzielle Möglichkeiten zur Verfügung stünden. Tierwohl vor Menschenwohl zu stellen erscheint mir zynisch.

So aber bleibt es für einen Hof unserer Größe nur durch den Verzicht von Zwischenhändlern für Obst, Gemüse und Blumen höhere Preise zu erzielen und möglichst breit aufgestellt zu sein. Das ist unser persönlicher permanenter Prozess:

Mein Schwiegervater hatte die höhere Landbauschule besucht, seine spätere Frau eine Ausbildung als Hauswirtschafterin, später sogar Meisterin absolviert. Somit waren sie per Ausbildung perfekt auf das Leben auf dem Hof vorbereitet. Sie wurden in eine unglückliche Zeit geworfen: Die Milchpreise fielen, sodass Kühe nicht mehr rentabel waren, genauso erging es mit Hühnern und Schweinen. Wirtschaftlich wäre es nur gewesen mit neuen Ställen in einen der Bereiche zu intensivieren. Die hohen Investitionen hierfür wurden aber gescheut. Hierfür sind wir wirklich sehr dankbar, denn uns wäre eine solche Wirtschaftsweise nicht sehr sympathisch und das war sie meinem Schwiegervater, der am liebsten nur Ackerbau gemacht hätte, wohl auch schon nicht wirklich…

Wir verdienen nun unseren Lebensunterhalt außerhalb der Landwirtschaft. Da wir dennoch den Hof im Nebenerwerb weiter betreiben wollten, mussten wir schauen, an welchen Stellen es machbar wäre, bezahlte Unterstützung hinzuzuziehen. Eins sei jedoch sehr klar gesagt: eine gute Reinigungskraft für den Haushalt ist deutlich leichter gefunden, als jemand der mit Sachverstand, Tempo und Ausdauer Unkraut auf dem Blumenfeld hacken kann… - Aber auch hier war das Glück auf unserer Seite und wir sind fündig geworden...

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