Spätherbst auf dem Hof
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November 2023
Der Spätherbst wird bestimmt durch viele Aufräumarbeiten. So muss das Laub im Garten überall da beseitigt werden, wo Gefahr besteht, dass sich dichte Matten bilden, die alles Leben darunter ersticken. Besonders das bei uns reichlich vorhandene Laub mit vielen Gerbstoffen (wie z.B. Eiche oder Walnuss) verrottet recht langsam und senkt den pH-Wert des Bodens. Es gilt hier ein gutes Maß zu finden, denn andererseits bietet nur ein nicht klinisch reiner Garten auch genügend Unterschlupfmöglichkeiten für Tiere. Deshalb lasse ich auch Samenstände und Pflanzenstängel im Herbst stehen. Zum einen zeichnen Tau und Raureif an diesen im Winter immer besonders schöne Bilder, zum anderen dienen diesen zahlreichen Tieren als Futter oder Unterschlupf. Irgendwo sollte sich in jedem Garten eine Ecke für einen Laubhaufen finden lassen- und wenn vielleicht auch kein Igel einzieht, so doch vielleicht eine Kröte – und in jedem Fall zahlreiche Insekten…
Nach den Vorgaben der neuen Agrarreform sollte das Wintergetreide eigentlich bis zum 15. November aufgegangen sein. Bei uns müssen aber erst die Rüben gerodet werden, was bei der aktuellen Wetterlage eine echte Schwierigkeit darstellt. Die neuen Umweltstandards besagen nämlich unter anderem, dass 80% der Ackerfläche eines Betriebs den Winter über begrünt sein müssen. Grund für diese Maßnahme ist, dass man sich hierdurch eine Erhöhung der Artenvielfalt erhofft. In diesem Jahr gibt es aufgrund der schwierigen Wetterlage eine Ausnahmeregelung, die alternativ eine pfluglose Bestellung direkt nach der Ernte ermöglicht. Es handelt sich hierbei um einen Kompromiss, da so durch liegen gebliebenes Rübenblatt eine Mulchauflage bleibt.
Auf dem Blumenfeld müssen Dahlien ausgegraben und eingelagert werden, Knoblauch gesetzt und Tulpen gepflanzt werden. – Während Narzissen mehrere Jahre zuverlässig Blüten bilden, sind diese bei Tulpen bereits im zweiten Jahr nicht mehr für den Verkauf geeignet.- Im Garten tun diese Zwiebeln aber noch weiter gute Dienste. -Wir sind mit diesen Arbeiten immer sehr spät, da die Kürbisernte bis Halloween jede freie Minute bindet.
Für mich persönlich ist der Herbst passend zu den Vorgängen in der Natur vor allem die Zeit des Loslassens. Meiner Überzeugung nach darf dieses im Leben eines jeden ruhig regelmäßig eine Rolle spielen. In meiner schweren gesundheitlichen Krise habe ich fast alles loslassen müssen, was mein bisheriges Leben ausgemacht hatte. Noch bin ich mir nicht sicher, was ich im Gegenzug Neues hinzugewonnen habe. Aber genau das ist es, worum es geht: Loslassen, um Platz für Neues zu machen. Die Grundidee des Laubfalls mit der Rückgewinnung der Nährstoffe für den Baum lässt sich da gut auf uns Menschen übertragen: aus dem Alten das bewahren, was wertvoll ist, das andere gehen lassen, um nach winterlicher Sortierung neu durchstarten zu können… - So mache ich im Herbst eine erste gedankliche Ernteauslese, knüpfe an mit dem Loslassen und beginne im Hinterkopf ganz in Ruhe den Wandel für den nächsten Jahreszyklus vorzubereiten.